Neuwirths Blog

19.05.2008, 00:57
Splitter...

Man vereinsamt beim Komponieren eines längeren Werkes (z. B. jetzt Operette) zuweilen derart, dass man sich unwillkürlich ein imaginäres Publikum erschafft, dem man einzelne Arien vorspielt. Verrückt. Oder gerade nicht? Wenn die Lieder nicht gefallen, verwirft man sie wieder. Das bringt einen zu den Komponisten, welche sagen "Ich schreibe doch - um Gottes Willen! - nicht für die Leute, sondern für mich!" Sie enttarnen sich plötzlich als eitle Lügner, denn sie bräuchten ja eigentlich gar nicht erst aufgeführt zu werden. Wehe aber, wenn nicht! Dann sind sie sauer.
Natürlich - schriebe man ausschließlich für sich selbst -
klängen einige Stücke möglicher Weise ganz anders. Und vielleicht wäre sogar auch etwas darunter, das der hehren Kunst nachhaltige Glanzlichter aufsetzen könnte...
Hätte man die Zeit, dann sollte man keine Tagebücher, sondern Fragebücher schreiben: Kann Onanie ein schöpferischer Akt sein? Antwort: Ja, denn es braucht dazu die nötige Inspiration. Das Werk liegt dann in der Samenbank und wartet auf die Mütter (die Hörer). Grauenhaft. Aber - ob nun für oder gegen die Leute schreiben - vielleicht verhält es sich mit dem Schreiben tatsächlich so. Trotzdem bleibt dabei die Frage nach der grundlegenden Absicht: Wenn du also für ein (leibhaftiges!) Publikum schreibst, kannst du es zwar berechnend tun (und unter dein Niveau gehen) oder du liebst es und trittst in Beziehung. Letzteres scheint mir immer noch am normalsten zu sein. Fazit: Blondinen können dumm sein, müssen es aber nicht unbedingt.