Neuwirths Blog

03.03.2010, 03:45
\"Moser\" in der Josefstadt

Über die Inszenierung des Stückes von Franzobel kann man ja unterschiedlicher Meinung sein. Weil natürlich: deutscher Regisseur. Ausgerechnet bei einem so zutiefst wienerischen Stück. Da liegt es manchem auf der Zunge, von "zu viel Klamauk" oder auch "Villacher Fasching" zu reden. Auch ich tendiere eher zu dieser Ansicht. Weniger Gschistigschasti wäre österreichischer gewesen. Aber der Herr Wittenberg hat sich zumindest sprachlich nicht eingemischt (wenn auch nach Herzenslust am Buch mitgedichtet), aber andererseits dadurch dem Stück da und dort sehr aus der Patsche geholfen und bewies auch durchaus tiefergründigen Humor. Einerseits. Dass das Stück von fast allen Kritikern als schwach und oberflächlich beurteilt wird, liegt aber vielleicht auch daran, dass es so comedyhaft inszeniert oder, dass die Musik so drastisch beschnitten wurde. (Geschrieben habe ich mindestens dreimal so viel. Was übrig geblieben ist erachte ich kompositorisch für eher unerheblich und ausschließlich dienend. Schade, denn es hätte ja auch einmal die Musik die Schauspielerei inspirieren können und nicht nur umgekehrt.) Das Buch selbst wurde an die zehnmal - von mehreren Leuten - umgeschrieben. Das alles wissen die Kritiker nicht. Sie sind ahnungslos, wie so oft. Dem Autor kann also höchstens nur eine Teilschuld angelastet werden. Das Theater funktioniert schon lange nicht mehr nach dem klassischen Muster, bei dem sich alles dem Wort zu fügen hat, sondern nahezu konträr. Diese Entwicklung geht in eine mehr filmische Richtung, finde ich.
Für eine ausgesprochene Schweinerei empfinde ich allerdings die Kritik an den Schauspielern. Ich halte deren Leistung - ganz im Gegenteil - für eine hervorragende, besonders wenn man weiß, dass sogar noch bei der Generalprobe geändert worden ist. Geändert wurde nämlich ununterbrochen. Das Theater scheint nur noch nach dem Prinzip des ständigen Probierens zu funktionieren. Die Proben (hier wirklich von "Probieren" abzuleiten) waren dementsprechend zermürbend anstatt motivierend. Dazu ein Ausspruch Karl Ratzers: "Probier´n tan die Hund." Meine Sache ist es jedenfalls nicht. Dass die Akteure dennoch stets liebevoll miteinander umgehen und immer zu Späßen aufgelegt sind spricht für sie und ihre Professionalität.